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Gegen jeden Antisemitismus!

Von Arne-Joris Meis - Der Nahostkonflikt. Erst kürzlich flammte er wieder auf. Auf Demos in Deutschland werden antisemitische Parolen wie „Scheiß Juden!“ skandiert. Wo bleibt der Widerstand der Zivilgesellschaft?


Vorweg: Kritik an der israelischen Politik ist legitim und gehört selbst in Israel zum demokratischen Selbstverständnis. Aber die Bilder von propalästinensischen Demonstration, beispielsweise aus Gelsenkirchen, bei der „Scheiß Juden“ skandiert wurden, sollten jede*n schockieren und uns ganz klar vor Augen führen, dass der Hass auf Jüdinnen und Juden hierzulande immer noch existiert und nie weg war. Es zeigt sich aber auch, dass Antisemitismus nicht nur von ganz rechts, sondern auch von ganz links, sowie von Migrant*innen kommen kann. Wir dürfen aber nicht darauf hereinfallen, dass die aktuelle Lage natürlich auch von Rechten missbraucht wird, um Migrant*innen generell zu Antisemit*innen hochzustilisieren, um selbst besser dazustehen. Trotzdem müssen wir auch klar benennen, dass manche Migrant*innen ein Teil des Problems sind. Türkische Nationalisten in Deutschland sind bspw. klare Treiber der antisemitischen Proteste hierzulande.


Eine Woche später wird auf den Straßen „Scheiß Juden“ gerufen und der linke Aufschrei ist längst nicht so groß.

Wir sollten uns nicht einschüchtern lassen, das zu kommunizieren. Aufgrund der aktuellen Situation ist es schwierig geworden, Migrant*innen zu kritisieren, ohne einen Rassismusvorwurf zu ernten. Aber wenn auf den Straßen „Scheiß Juden“ skandiert wird und Synagogen angegriffen werden, müssen wir dagegen aufstehen und Haltung zeigen. Schockiert hat mich hier auch das laute Schweigen von „Linken“ allgemein. Vor einer Woche wurde noch im Internet spekuliert, ob Hans Georg Maaßen ein Antisemit sei, weil er Codewörter wie „Globalisten“ benutzt. Eine Woche später wird auf den Straßen „Scheiß Juden“ gerufen und der linke Aufschrei ist längst nicht so groß. Ja, Hans Georg Maaßen hat Beiträge geteilt, die Antisemiten zugerechnet werden, aber wo bleibt der Aufschrei zu den ganz klaren antisemitischen Parolen auf den Straßen Deutschlands? Ähnlich verhält es sich mit Rassismus-Vorwürfen. Während Boris Palmer damit (nicht ganz unverschuldet) überzogen wird, tritt ein Neonazi in Erfurt einem Flüchtling ins Gesicht und es erfolgt keine so laute Debatte in den sozialen Netzwerken.


Es scheint so, als könne man offensichtlichen Antisemitismus und Rassismus gar nicht mehr klar ansprechen. Lieber verliert man sich in unendlichen Diskussionen über einzelne, mehr oder weniger, prominente Persönlichkeiten. Auch die Haltung zu den israelischen „Angriffen“ auf den Gaza-Streifen lässt bei manchen „Linken“ teilweise zu wünschen übrig. Natürlich sind solche Angriffe grausam und schrecklich, da sie viele Todesopfer im Gaza-Streifen fordern. Ebenso ist dieser Krieg keine Dauerlösung und natürlich bedarf es einer langfristigen diplomatischen Lösung. Aber Israel hier als Aggressor zu bezeichnen, ist schlicht falsch. Die Hamas hat diesen Krieg angefangen, obwohl ihnen die militärische Überlegenheit Israels hinreichend bekannt war. Die Palästinenser*innen werden letztendlich durch israelische Sicherheitskräfte getötet, aber die Hamas trägt hier eine deutliche Mitschuld an den Todesopfern im Gazastreifen, weil sie sie als Schutzschild für ihre Angriffe missbraucht.


Trotz allem sollte es möglich sein, israelische Regierungspolitik zu kritisieren. Die antisemitischen Proteste sind auch eine Reaktion auf eine verfehlte Politik Israels. Ohne hier eine Täter-Opfer-Umkehr betreiben zu wollen, darf und sollte man z.B. die israelische Siedlungspolitik kritisieren dürfen, ohne gleich Antisemit*in zu sein. Wenn Menschen sich seit Jahrzehnten als „Bürger zweiter Klasse“ fühlt, entstehen natürlich Spannungen. Diese entladen sich dann z.B. bei Protesten, wie an der al-Aqsa-Moschee. Deshalb ist es wichtig, auch Palästinenser*innen Verständnis entgegen zu bringen und sie nicht voreilig von einer sachlichen Diskussion auszuschließen. Wir müssen verstehen, dass dieser Konflikt wahrscheinlich nicht einseitig gelöst werden kann. Leidtragende solcher Kriege sind am Ende immer Zivilist*innen.


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