Von Florian Dittrich - Black Friday, Cyber Monday und weitere Rabatt-Kampagnen lenken die Aufmerksamkeit auf den Handel fernab der Fußgängerzonen und Weihnachtsmärkte, in die digitale Welt jedes Einzelnen. Gerade in der Vorweihnachtszeit ist der Online-Handel in aller Munde – und immer öfter schafft er auch den Weg bis unter den Weihnachtsbaum.
Wer auf Bildern schon einmal die klassischen inhabergeführten Geschäfte in den deutschen Innenstädten der Vergangenheit entdeckt hat, stellt fest, dass der Einzelhandel einen Wandel durchlebt. Die Entscheidung, ob online gekauft wird, ist längst nicht mehr nur eine Frage der Bequemlichkeit, sondern ein gesellschaftlicher Trend, der mittlerweile mehr als 65% der Deutschen erreicht hat. Optiker, Modeboutique und Elektronikmarkt mussten großen bekannten Ketten der entsprechenden Branche wie Fielmann, Primark oder Saturn weichen, die mit niedrigen Preisen, Fernsehwerbung und Rabatten die Kundschaft anlocken.
Hinzu kommen neu errichtete Shopping-Center, die das Einkaufserlebnis zentrieren und damit noch komfortabler machen sollen. Doch parallel dazu hat sich in beachtlichem Maße der Online-Handel entwickelt. Seit 2008 haben sich die Umsätze nahezu verfünffacht. Auch heute ist dieser Vertriebsweg mit einem jährlichen Wachstum von 10% einer der derzeit prominentesten überhaupt. Durch diesen Umbruch wird die natürliche Entwicklung des Einzelhandels vom klassischen Fachgeschäft über Kaufhäuser und Bestellkataloge fortgesetzt – ein Prozess, der in unserem Wirtschaftssystem der sozialen Marktwirtschaft letztendlich eine gesellschaftliche Tendenz widerspiegelt, indem die Wünsche nach unbegrenzter Auswahl und dem bequemen Einkauf vom heimischen Sofa aus erfüllt werden. Es liegt also nahe, dass der Online-Handel ein Produkt unseres beschleunigten und freien Lebensstils ist.
Oftmals ist über das Aussterben der stationären Geschäfte als Resultat dieses Wandels zu lesen. Durch den Verlust an Fachgeschäften gehe kompetente Beratung verloren, die wir immer öfter durch eigene Recherche im Internet ersetzen. Gegner des digitalen Shopping-Wandels kaufen deshalb bewusst weiterhin im örtlichen Handel, um die Beratungsqualität zu bewahren. Dass dieses gegensätzliche Einkaufsverhalten das Aussterben vom inhabergeführten Einzelhandel, wenn überhaupt, nur verzögern kann, keinesfalls aber verhindern kann, ist unter Betrachtung der Entwicklung von Online-Shops naheliegend. Auch der Internethandel hat mit vielen Shops in einzelnen Branchen, ähnlich denen der Fachgeschäfte, begonnen. Unter Auflösung zahlreicher kleinerer Unternehmen haben sich wenige große Anbieter herauskristallisiert, die das Sortiment verschiedener Verkaufsplattformen bündeln. Der bekannteste Shopping-Gigant, Amazon, hat inzwischen einen Marktanteil am Online-Handel von ca. 50%.
Andere Ketten, die bereits aus den Innenstädten bekannt waren, kombinieren die stationäre Präsenz mit der digitalen. „Next Level Cross Channeling“ bezeichnet diese Verknüpfung, die sich sowohl an Offline- als auch an Online-Shopper richtet. Das Unternehmen ist somit besser an den Konsumenten angepasst und bietet Vorteile, die der reine Online-Shop nicht bieten kann: Die direkte Abholung in der Filiale vor Ort, ohne tagelang auf den Paketdienst warten zu müssen und der leichtere Umtausch von im Internet gekaufter Ware. In der Vorweihnachtszeit werden die Transportunternehmen stark beansprucht, sodass viele schon einmal die Erfahrung eines zu spät gelieferten Geschenks gemacht haben dürften.
Der Anteil der digital gekauften Weihnachtsgeschenke wird in diesem Jahr so groß sein wie noch nie. Die Kunden wissen, worauf es ihnen bei der Auswahl ankommt: Niedrige Preise, breites Sortiment und nicht zuletzt die bequeme Auswahl von zuhause sind die Gründe für die natürliche marktwirtschaftliche Strömung des Einkaufsverhaltens. Amazon und Co. konnten uns Kunden von sich qualitativ überzeugen. Der stationäre Handel entwickelt sich in dieser Phase des Wandels ebenfalls weiter. Das Einkaufserlebnis steht in deutschen Innenstädten mehr im Vordergrund, ebenso die persönliche Beratung, welche den teilweise höheren Preis im Vergleich zum Internet rechtfertigt. Jedem selbst ist überlassen, ob er die persönlichen Vorteile in der bequemen Variante über das Internet findet oder den klassischen Stadtbummel – in der Vorweihnachtszeit verbunden mit einem besinnlichen Besuch des Weihnachtsmarktes – bevorzugt.
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