Simbabwe ist eines der ärmsten Länder der Welt und steht heute vor enormen Herausforderungen. Warum der Kolonialismus nicht mehr allein dafür verantwortlich gemacht werden kann und wie wir helfen können, erklärt Pascal Masocha mit bemerkenswerter Klarheit. Das Interview führte Fernando Peiniger.
Ist der Kolonialismus und insbesondere Großbritannien an der negativen Entwicklung Simbabwes schuld?
Nein. Man kann England nicht mehr verantwortlich machen, denn Simbabwe ist inzwischen fast 40 Jahre unabhängig. Wenn man jemanden verantwortlich machen will, dann muss man Mugabe und die ganze Regierung beschuldigen. Es ist längst Zeit, selber zu handeln und nicht die Schuld anderen in die Schuhe zu schieben.
Warum ist Simbabwe keine Demokratie für Sie?
Die Menschen im Land werden nicht gehört. Auch wenn das Land der Weltöffentlichkeit vorgaukelt, es zu sein, ist Simbabwe keine Demokratie. Es gibt praktisch keine Meinungsfreiheit und Menschen- und Kinderrechte werden nicht beachtet. Das Land ähnelt vielmehr einer Diktatur. Warum hört man hier in Deutschland nichts darüber in den Nachrichten? Deutschland und die ganze EU haben keine direkte Verbindung zu Simbabwe. Obwohl die Probleme denen der Türkei sehr ähneln - die Kinderarbeit ausgenommen - scheint hierzulande kaum jemand etwas über die Lage Simbabwes zu wissen, ganz im Gegensatz zur Türkei.
Was muss passieren, damit Simbabwe wieder aufblüht?
Dafür müsste zuallererst die ganze Regierung abgesetzt und eine neue eingesetzt werden. Denn das Problem ist so gesehen nicht das System, sondern sind die Regierungsmitglieder die noch genauso regieren wie Mugabe es tat. Findet hier eine Veränderung statt, davon bin ich fest überzeugt, ist dem Land schon geholfen, denn den Rest können wir – und damit meine ich den überwiegenden Teil der Einwohner des Landes, die auf die Demokratie warten – selber übernehmen. Das Land ist nämlich reich an Rohstoffen und ist z.B. der Staat mit dem höchsten Goldanteil der Welt. Außerdem hat Simbabwe großes Potential im Tourismussektor, denn wir haben wunderschöne Landschaften, eine große Vielfalt an Tieren und Naturwunder wie z.B. die Viktoriafälle.
(Bilder: Juliyan Jeyakumar)
Was kann Deutschland dafür tun?
Ich denke Deutschland kann vor allem Aufklärungsarbeit leisten. Wird mehr Aufmerksamkeit über die Menschenrechtsverletzungen und die Kinderarbeit erregt, setzt das die Regierung unter Druck. Die Bundesregierung könnte sicherlich auch einiges bewirken, wenn sie diplomatische Gespräche aufnehmen würde. Ich möchte die Deutschen aufrütteln und dafür gewinnen, sich einzumischen. Die Weltprobleme werden nur dann gelöst und Simbabwe wird nur dann wieder ein lebenswertes Land, wenn wir miteinander kommunizieren und gemeinsam an einer Lösung arbeiten.
Interview mit Pascal Masocha, Oldenburg im November 2019
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