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Bitte mehr Euphorie für das Lieferkettengesetz

Ein Lieferkettengesetz soll deutsche Unternehmen zu mehr Verantwortung zwingen. Die Wirtschaft wehrt sich – dabei ist es ganz im Sinne der Sozialen Marktwirtschaft, meint unsere Autorin Johanna Tapper.

















Nachdem mehrmals die schlechte Umsetzung von Menschenrechtsstandards in Produktionsländern festgestellt wurde, soll nun ein Gesetz deutsche Unternehmen zu Haftung und Transparenz verpflichten. Das Lieferkettengesetz, das in diesem Monat entworfen werden soll, ruft die Kritik der Wirtschaftsverbände auf den Plan, dabei sollten die Reihen der Befürworter viel breiter sein.


Natürlich darf ein solches Gesetz auf keinen Fall dazu führen, dass sich Unternehmen eher aus Entwicklungsländern zurückziehen, um Hürden zu umgehen, statt zum Wohle der Arbeitnehmer vor Ort an der Besserung der Lage zu arbeiten. Außerdem wird der Nutzen eines solchen Gesetzes auf nationaler Ebene natürlich immer infrage gestellt. Mit Einwänden wie diesen gehe ich auf jeden Fall mit.


Leider werden sie nicht kon­struktiv in die Debatte eingebracht, sondern als Vorwand genutzt, um das Gesetz zu kippen und den Unternehmen ihre Verantwortlichkeit abzusprechen. Genau dieser Standpunkt lässt sich aber, gerade aus liberaler Sicht, nicht vertreten: Die Idee des Wettbewerbs beruht, gemeinsam mit dem Prinzip der uneingeschränkten Haftung, auf der Vision, dass sich aus dem Austausch vieler individueller Marktteilnehmer mit eigenen Machtanteilen und selbstständiger ethischer Verantwortung die besten Produkte und der effizienteste und nachhaltigste Ressourcenumgang durchsetzen. Wenn dem Konsumenten die Möglichkeit genommen ist, die Produktion eines Produktes nachzuvollziehen, und Unternehmen nicht für Verbrechen verantwortlich gemacht werden können, dann müssen Haftung und Transparenz gesetzlich wiederhergestellt werden.


Ich blicke sehr optimistisch auf die Möglichkeiten, die aus dem Gesetz geboren würden: Digitale Technologien können dabei helfen, die Wertschöpfungsketten transparent nachzuverfolgen, Unternehmen könnten in der Entwicklung neuer Materialien und Produktionen wetteifern und Zusammenschlüsse bei der Suche nach vertrauenswürdigen Zulieferern bilden. Der Entwurf eines Lieferkettengesetzes auf europäischer Ebene ist schon geplant. Auch soll die „stay and improve“-Strategie der Konzerne in Entwicklungsländern unterstützt werden. Zustimmung zeigt sich in dieser Debatte übrigens vor allem – Überraschung – seitens vieler Unternehmen, die endlich in ihren Anstrengungen für mehr Nachhaltigkeit bestärkt werden wollen.


Kurzum – wer Soziale Marktwirtschaft verstanden hat, kann gegen ein Lieferkettengesetz, das mehr Transparenz und fairen Wettbewerb schafft, nicht den geringsten Einwand äußern.


(Quelle: https://www.nwzonline.de/freitag-fuer-meinung/lieferkettengesetz-deutschland-unternehmen-soziale-marktwirtschaft_a_50,9,2696995674.html)

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