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"Mit der Physik kann man nicht verhandeln"

Von Maciek Kos und Dries Dieckert -Erneut wurde im Rahmen des VU11 „School for Future- Klima retten in Oldenburg?“ ein Vortrag zum Klimawandel abgehalten. Am 06.12.2021 wurde der renommierte Klimawissenschaftler Mojib Latif dem 11. Jahrgang per Videokonferenz zugeschaltet.

Der Meteorologe und Klimaforscher ist einer der bekanntesten in Deutschland und daher auch einer der am häufigsten zitierten und in Talkshows vertretenen. Herr Prof. Latif fand seinen Weg zur Meteorologie, nachdem er merkte, dass das Wirtschaftsstudium nichts für ihn war. Er teilte uns mit, er habe schon immer ein Interesse für die Natur gehabt, weshalb er sich dann für diesen Zweig entschied. 1987 erhielt er seine Promotion, welche er bei Klaus Hasselmann, dem Nobelpreisträger in Physik 2021 für den physikalischen Nachweis des Klimawandels, durchführte. Er ist Präsident der Deutschen Gesellschaft Club of Rome und ab dem 01.01.2022 wird er das Amt des Präsidenten der Akademie der Wissenschaften in Hamburg übernehmen. Prof. Latif ist ganz klar der Meinung, man müsse etwas tun, nicht irgendwann, sondern jetzt. Er warnt ausdrücklich vor den Folgen des Klimawandels, welche uns alle treffen würden. Dies erläuterte er genauer in seinem Vortrag.


Zu dem Vortrag selbst zeigte er eine Präsentation. Diese diente zur Visualisierung des Gesagten und lieferte zusätzliche Informationen. Hier betonte er ganz klar, dass das Klimaproblem ein Energieproblem sei. In anderen Worten: Eine Energiewende sei im ganzen und nicht in einigen wenigen Sektoren nötig, um gegen den Klimawandel anzukommen. Dass CO2 und andere Treibhausgase Einfluss auf die Temperatur hätten, sei bereits seit 1896 und dem von Prof. Svante Arrhenius veröffentlichtem Papier „Über den Einfluss von Kohlensäure (Frühere Bezeichnung für CO2) in der Luft auf die Bodentemperatur“. Dieses Papier lege nahe, dass der Ausstoß von CO2 erhebliche Folgen für das Klima haben könne, sprich eine Erhöhung der Temperatur. In der folgenden Animation stellte er uns das anschaulich dar, wie die Temperaturen seit dem tatsächlich angestiegen sind (klickt auf das Bild, um zu der Animation zu gelangen).


Daher sei es auch so nötig jetzt etwas zu tun, da schon bald das 1,5° Ziel erreicht werden könnte, was unvorhersehbare Folgen mit sich ziehen könne. Doch woher genau weiß man, dass der CO2-Ausstoß des Menschen die Schuld hat? Auch dafür hat Herr Latif eine veranschaulichende Graphik mitgebracht.



Die Graphik zeigt den CO2 Gehalt der Atmosphäre und die Temperatur der Antarktis. Hier könne man sehen, dass die von Arrhenius aufgestellten Zusammenhänge tatsächlich stimmen würden, da die Temperatur auf eine ähnliche Art wie der CO2-Gehalt schwankt. Außerdem könne man erkennen, dass der CO2-Gehalt der Atmosphäre aktuell in die Höhe geschossen ist, etwa seitdem der Mensch selbst CO2 ausstößt. Die Daten, die so weit hinten liegen könne man anhand der Eiskerne (Bild unten links) sammeln, in denen kleine Luftbläschen mit der Luft von damals enthalten sind. Somit kann man die atmosphärische Zusammensetzung im Laufe der Zeit beobachten. Dies war der allgemeine Inhalt und die Botschaft der Präsentation von Prof. Latif. Der wissenschaftliche Konsens zur Existenz des Klimawandels sei klar. "Mit der Physik kann man nicht verhandeln", brachte es Prof. Latif immer wieder auf den Punkt.


Nach seiner Präsentation hatte Herr Latif noch Zeit sich ein paar Fragen stellen zu lassen. Einige der wichtigsten waren:


Was hält er von Carbon Capture Technologie?

Ohne diese Technologie werde es wahrscheinlich nicht mehr gehen. Wir hätten bereits so viel CO2 in die Atmosphäre ausgestoßen, dass eine bloße Reduktion der Emissionen nicht genug sei und wir uns aktiv darum kümmern müssten, das CO2 aus der Atmosphäre rauszuholen. Trotzdem gebe es Probleme mit dieser Technologie, sie sei nämlich sehr energieaufwändig. Es gebe zwar einfache Optionen wie das Pflanzen neuer Bäume, laut Latif würde das allein jedoch nicht reichen. „CO2 als Rohstoff anzusehen ist der Trick“, hieß es von Professor Latif. Dadurch wäre ein Handel mit CO2 möglich, bestimmt ein lukratives Geschäft, welches Investoren fände, was die Innovation vorantreiben könnte.


Und was von Sonnenstrahlungsschilden?

Solch experimentelle Technologie (wie z.B. Sonnenstrahlenschilde) sei ein äußerst kompliziertes Thema. Klar könne es sein, dass diese den gewünschten Effekt brächten, da man jedoch an dem Erdsystem experimentiere, einem sehr sensiblen System, bei dem die kleinsten Veränderungen verheerende Folgen für uns haben könnte, rät er von solcher Technologie ab. Solch ein Experiment hätten wir bereits gestartet, als wir anfingen, CO2 in die Atmosphäre zu pumpen, hieß es abschließend zu dieser Frage.


Und was hält er von der Kernkraft?

Dies sei ein sehr politisches Thema und man solle die politischen Ausstiegsentscheidungen nicht anrühren, allein deswegen sei sie in Deutschland nicht umsetzbar, hinzu kämen jedoch noch weitere Fragen wie die der Kosten oder die des Atommüll-Endlagers. Für Herrn Latif übersteige der Nutzen, den die Atomkraft mit sich bringen würde, nicht ihre Risiken. Außerdem hemme sie den Ausbau der Erneuerbaren Energiequellen. Laut Latif seien hier also die Innovation und neue Technologien gefragt.


Ist angesichts der Klimaproblematik jeder einzelne oder die Politik gefragt?

Für ihn sei ganz klar die Politik gefragt. Der Klimawandel sei nämlich ein globales Problem. „Das CO2 bleibt nicht in einer Wolke da wo es ausgestoßen wird.“, hieß es von Latif. Das CO2 verteile sich unabhängig von der Ausstoßstelle auf der gesamten Welt, weshalb hier internationale Maßnahmen und daher die Politik nötig sind. Das heiße jedoch trotzdem nicht, man könne sich zurücklehnen und entspannen. Jeder Einzelne könne mit gutem Beispiel vorangehen.


Sehen Sie er eher die E- oder Wasserstoffautos als die Technologie der Zukunft?

Hier müsse man differenziert darauf gucken. Wasserstoff tauge für den Privatverkehr aufgrund der hohen Produktions- und Energieumwandlungskosten nicht, die E-Mobilität habe hier zudem einen Vorsprung von einigen Jahren, in anderen Bereichen könne er sich den Einsatz der Wasserstofftechnologie jedoch als nützlich vorstellen. Hier nannte er als Beispiel den Flugverkehr oder den Langstreckentransport über Land mit LKW. Er halte also nach aktuellem Stand eine Koexistenz beider Technologien am wahrscheinlichsten.


Hat er selber Angst vor dem Klimawandel?

Nein, das sei auch nicht die beste Lösung, denn um vernünftige Lösungsansätze für das Klimaproblem zu finden, müsse man einen kühlen Kopf bewahren. Er verstehe zudem auch die Leute nicht, die z.B. keine Kinder mehr wegen des Klimawandels kriegen wollen. Es sei einfach menschliche Kooperation gefragt.


Was ist sein Appell an die Leute?

Es sei wichtig, dass man sich einmische. Das könne man auf alle möglichen konstruktiven Arten und Weisen tun. „Jeder muss seine eigene Energiewende durchmachen“, hieß es zum Abschluss von Prof. Latif.


Im Allgemeinen war der Vortrag von Prof. Latif sehr informativ. Seine Position, dass der Mensch etwas gegen den Klimawandel unternehmen müsse. Wir haben gemerkt, dass Latif seinen Aufklärungsauftrag über den Klimawandel wirklich sehr ernst nimmt und gut auf die Fragen von uns eingegangen ist. Es war schön, seine Position im Kontrast zu der des vorherigen Referenten, Axel Bojanowski, zu sehen. So haben wir ein umfassendes Bild von dem Thema erhalten.


Wir bedanken uns herzlich bei beiden, dass sie sich die Zeit genommen haben uns das Thema ein wenig näher zu bringen.



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