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Eine-Welt-AG: Ein Rückblick mit Ausblick

Fernando Peiniger hat mit einigen anderen Schülerinnen und Schülern lange die Eine-Welt-AG mitgetragen, vorangebracht und blickt in diesem persönlichen Text auf eine inspirierende Zeit zurück.

Die Migrationskrise 2015: Krieg und Verfolgung, Hunger und Armut treiben Hunderttausende aus Syrien, aber auch afrikanischen Ländern an die europäischen Küsten im Mittelmeer. Viele der Geflüchteten werden anschließend unter anderem von Deutschland aufgenommen. Die besondere Situation der über das Mittelmeer geflüchteten Menschen ist eines der Eine-Welt-AG-Jahresthemen unserer Schule, die ich in den letzten sieben Jahren in der AG aktiv erarbeiten und mitgestalten konnte.


Die AG-Zeit hat mir geholfen, Frieden und Wohlstand wertzuschätzen und die Möglichkeit gegeben, die globale Ungerechtigkeit zu verstehen und aktiv zu bekämpfen.


Während die inhaltliche Arbeit der AG häufig auf globale Krisen und daraus resultierende Menschenrechtsfragen ausgerichtet ist, gibt es über das Schuljahr verteilt zugleich feste Aktionen, die von der AG organisiert werden und Spendengelder für die Hilfsorganisation Misereor einbringen und so Projekte in Drittländern unterstützen. Die AG-Zeit hat mir geholfen, Frieden und Wohlstand wertzuschätzen und die Möglichkeit gegeben, die globale Ungerechtigkeit zu verstehen und aktiv zu bekämpfen.


Doch warum ist die Eine-Welt-AG eigentlich so wichtig für unsere Schule?

Die Liebfrauenschule Oldenburg ist eine Privatschule in bischöflich-katholischer Trägerschaft. Das bringt nicht nur christlichen Religionsunterricht bis zur 13 Klasse mit sich, sondern auch eine Verantwortung aus der christlichen Überzeugung heraus. Diese Überzeugung kann man natürlich keinem Schüler aufzwingen, doch es müssen Möglichkeiten in den Schulalltag integriert werden, christliche Werte auch umsetzen zu können. Bereits in dem Leitbild unserer Schule steht der Dreiklang:


Begabung entfalten

Christsein leben

Zukunft gestalten


Die Förderung von Begabungen der Schüler wird also gleichgesetzt mit den Leitgedanken „Christsein leben“ und „Zukunft gestalten“. Der religiöse Bestandteil „Christsein leben“ wird an unserer Schule auf verschiedenen Wegen praktiziert. Regelmäßige Gottesdienste und Andachten, z.B. in dem Format Stunde 1 bieten den Raum innezuhalten, den Alltag zu reflektieren und auch Bewusstsein zu schaffen für das Leid in der Welt.


Der praktische Vollzug im Schulalltag, also z.B. die aktive Bekämpfung dieses „Leids in der Welt“ wird meiner Meinung nach erst durch die Eine-Welt-AG ermöglicht, die den christlichen Auftrag, der dabei mitschwingt, umsetzt. Der in der Schöpfungserzählung verankerte Auftrag über die Erde zu herrschen, impliziert auch die Verantwortung für den Erhalt der Erde. So ist die umfangreiche Aufklärung über die fortschreitende Zerstörung der Natur durch den Klimawandel besonders die Regenwaldabholzung und deren aktive Bekämpfung auch als ein christlicher Auftrag zu verstehen.


Die AG hat hierzu beispielsweise das Thema Müll und Verschmutzung als Jahresthema 2017 umfassend bearbeitet. Außerdem befassen sich die jährlichen Misereor-Aktionen stets mit ökologischen Krisen, die jedoch immer einen sozialen Fokus auf Menschen aus Entwicklungsländern legen. Dieser soziale Auftrag wurde von der Eine-Welt-AG nicht nur in Form der Misereor-Spenden-Aktionen umgesetzt, sondern auch durch die Vorbereitung von Morgenimpulsen, Unterrichtsmaterialien oder Informationsständen und -plakaten wie z.B. zur Migrationskrise 2015 oder zu Folgen von Krieg für die betroffenen Menschen seit 2020.


Mithilfe dieser Projektarbeit in der Eine-Welt-AG können Schülerinnen und Schüler verschiedener Altersstufen die Erfahrung machen „Christsein zu leben“ und spüren, was es eigentlich praktisch heißt, Zukunft aktiv mitzugestalten. An unserer Schule wurden die jährlichen Spendenaktionen fest im Jahreskalender etabliert und so werden regelmäßig sozioökologische Projekte unterstützt, die nicht nur die Zukunft der betroffenen Menschen verbessern, sondern auch einen kleinen Beitrag leisten in dem Kampf gegen den Klimawandel, gegen Armut, Leid und Hunger. Allein für die diesjährige Fastenaktion hat unsere Schulgemeinschaft Spendengelder in Höhe von 3669 Euro sammeln können, die in Bangladesch, den Philippinen und in Deutschland sozioökologische Projekte unterstützen werden. Dies beinhaltet nicht nur akute Hilfe in Brennpunkten wie Slums in Bangladesch, sondern auch die Errichtung von nachhaltiger Infrastruktur. Hier konnten Schüler, Lehrer, die Schulleitung und Eltern dieses Jahr die Zukunft von betroffenen Menschen in Not etwas verbessern, aber auch einen kleinen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel leisten.


So arbeitet die Eine-Welt-AG - stets dem Leitbild unserer Schule verpflichtet - an dessen praktischer Umsetzung, wodurch die Schüler jedes Jahrgangs die Chance der Einübung und Umsetzung Werte wie Hoffnung, Gerechtigkeit, Respekt, Nächstenliebe und Barmherzigkeit bekommen. Diese sind christliche Ideale doch man kann sie auch einfach als persönliche Grundsätze verstehen, die nicht zwingend an den Glauben an einen Gott gebunden sind. So bin ich schlussendlich der Meinung, dass die AG Raum bietet für Engagement aus ganz verschiedenen Überzeugungen heraus und nur eines vorausgesetzt wird: der Wille für eine sichere und gerechtere Zukunft für alle Menschen zu kämpfen.


Eckpunkte der Geschichte der Eine-Welt-AG

Um die zentrale Rolle der Eine-Welt-Ag für unser Schulbild zu erfassen, muss man verstehen, wie die AG entstanden ist und wie sie sich seitdem entwickelt hat:

1986 Gründung der AG durch Frau Reichert-Pahlke und den (ehem.) Schul-Seelsorger Herr Kahling als Schüler-orientierte AG, um christliche Anliegen in den Schultag zu integrieren und den theoretischen Ansatz des Religionsunterrichts praktisch umzusetzen

1987/88 Gründung des Eine-Welt-Ladens von der AG (zunächst gegenüber vom Schülerarbeitsraum) als Stolperstein, um Anlass zu schaffen über die Probleme der 3. Welt nachzudenken

1998-2004 Partnerschaft mit einer Mädchenschule in Tansania (Verschickung von Materialien, Computern) und anschließender Besuch von der Schulleitung Frau Reichert-Pahlke und Herrn Krebber sowie darauffolgender Schüleraustausch


2014/15 Migrationskrise in Europa als Folge von Krieg, Verfolgung und Hunger: Spendenaktionen an der LFS und Aufklärungsarbeit: Informationsstände, Plakataktionen


2017 LFS erhält den Titel „Fairtrade School“ durch die Projekte der Eine-Welt-AG unter der Leitung von Frau Reichert-Pahlke, den Produktverkauf des Eine-Welt-Ladens und die Gründung eines Fairtrade Schulteams unter der Leitung von Herrn Buschermöhle – dies war eine Voraussetzung einer weiteren Verleihung, und zwar der des Titels „Fairtrade Town“ für die Stadt Oldenburg


2017 größte humanitäre Krise seit dem Zweiten Weltkrieg in Ostafrika (starke Hungersnot durch extreme Dürre): monatelange Spendenaktion, (Spendenstand täglich besetzt von Juliyan Jeyakumar)


2020 Beendung der alljährlichen Adventskalenderaktion, trotz des besonderen Stellenwerts der jährlichen Spendenaktion an der LFS als festes Ritual zur Adventszeit. Neben der Fastenaktion war die Adventskalenderaktion, also der Verkauf von Misereors künstlerisch gestaltetem Adventskalender mit Fairtrade Schokolade, dessen Erlös vollständig an Misereor gespendet wurde, bis 2020 ein festes Ritual an unserer Schule, das vollständig von der Eine-Welt-AG (Frau Reichert-Pahlke) organisiert wurde.

2022 Jahresthema: Frieden mit Fokus auf dem Thema des deutschen Waffenhandels


In diesem Jahr steht ein Generationenwechsel in der Eine-Welt-AG an. Ein ganzer Schwung Oberstufenschüler, unter anderem ich, verlässt die Schule und damit auch die AG. Und auch Gründerin und Leiterin Frau Reichert-Pahlke wird die AG bald verlassen. Doch die verbleibenden Schülerinnen und Schüler aus der Mittelstufe und eine Gruppe neuer Mitglieder aus dem 6. Jahrgang werden unter neuer Leitung weiter für Stolpersteine in der Schule sorgen, die Schüler, Lehrer, die Schulleitung und Eltern regelmäßig daran erinnern, dass christliche Verantwortung bedeutet, dass wir alle die Chance haben, etwas in dieser Welt zu verändern und diese Chance auch nutzen sollten.

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