Von Stina Korinth - Auch die Klimadebatte ist von Lagerdenken durchzogen. Klimaleugner stehen und Alarmisten unversöhnlich gegenüber. Wie kann man in einem so aufheizten Klima bloß kühlen Kopf im Mediendschungel bewahren?
Die Spanne zwischen Klimaleugnung und Alarmismus könnte augenscheinlich nicht größer sein. Dennoch werden journalistische Beiträge oder Kommentare von Personen des öffentlichen Lebens meist einem der beiden Lager zugeordnet und nicht im breiten Spektrum zwischen den Extremen verortet. Wie kann das sein und wie können wir Leser vertrauenswürdige Beiträge finden, um hier in Oldenburg dem Klimawandel bewusst entgegenzuwirken?
Wie kann es dann sein, dass der Eindruck entsteht, dass kaum differenzierte, abwägende Beiträge im Spektrum zwischen den Extremen zu finden sind?
Der Klimawandel ist ein äußert facettenreiches, komplexes Thema mit vielen verschiedenen Fachbereichen, die es als Einzelperson zu überblicken gilt, um sich ein vollständiges Bild von der Thematik schaffen zu können. Dies ist nahezu unmöglich.
Daher ist es naheliegend und nachvollziehbar, dass Menschen, die sich mit dem Thema auseinandersetzen, oft den Schwerpunkt auf einen bestimmten Aspekt der Thematik legen. Diese Experten betrachten den Klimawandel und -schutz aus verschiedenen Perspektiven und haben deshalb auch nicht selten unterschiedliche Prioritäten, was Konzepte, Vorgehensweisen oder ihre Resultate angeht. Das heißt allerdings nicht, dass einer von ihnen zwangsläufig Unrecht hat, sondern eher das Gegenteil: Der Dialog und Informationsaustausch verschiedener Experten ist in der Klimadebatte von enormer Relevanz. So betrachten Meteorologen eher die Auswirkungen auf das Klima, während Politiker auch überlegen müssen, inwiefern Maßnahmen die Gesellschaft oder Wirtschaft beeinflussen könnten. Beide Punkte sind wichtig zu beachten.
Schnell erfolgt allerdings auch die Zuordnung von Politikern, Experten und Journalisten durch die Gesellschaft zu einer bestimmten Haltung in der Klimadebatte. Politisch eher rechts Orientierte werden so schnell dem Lager der Klimaleugner zugeordnet und eher links orientierte Personen gelten schnell als Alarmisten. Dies entspricht allerdings kaum der Wirklichkeit. Klimaleugnung und Alarmismus sind die Extreme und zwischen ihnen liegen Welten. Wie kann es dann sein, dass der Eindruck entsteht, dass kaum differenzierte, abwägende Beiträge im Spektrum zwischen den Extremen zu finden sind?
Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Medien und den Journalismus
Das Internet ist voll von diversen Beiträgen zum Thema Klimawandel und -schutz. An einem Mangel an Informationen kann es demnach wohl kaum liegen, dass es schwerfällt, das Thema zu überblicken. Eher liegt es auch an der Digitalisierung. Der digitale Wandel beeinflusst die Gesellschaft, die Arbeitswelt, die Wirtschaft und vieles zunehmend. Die Annahme, dass diese globale Vernetzung die Suche nach seriösen und vertrauenswürdigen Informationen erleichtern müsse, lässt sich schnell mit einem Blick ins Internet widerlegen: Der Überfluss an Informationen macht es schwierig zu filtern, welche Beiträge vertrauenswürdig sind.
Durch die Digitalisierung ist es möglich geworden, dass fast jeder im Internet einfach und anonym Statements veröffentlichen kann. Diese Anonymität erspart den sich hinter ihr versteckenden Personen vor allem den Rechtfertigungsdruck, unter dem seriöse oder traditionelle Medien oft stehen. Außerdem ist es heutzutage bei Weitem nicht mehr so aufwändig oder kostspielig, etwas zu veröffentlichen, was diesen Druck auf Medien wie Zeitungen, von denen finanziell Existenzen abhängen, weiter erhöht. Es können also absurde Behauptungen („Fake News“), böse Beleidigungen („Hate Speech“) und anderes mit einem „Klick“ global aufrufbar sein.
Den eigenen "Leserstamm" bedienen
Viele Zeitungen wurden mittlerweile in eine politische Richtung kategorisiert und leiden darunter, da dies oft keinen Raum für differenzierte Meinungsbeiträge außerhalb der erwarteten Haltung der Zeitung lässt. So finden sich Journalisten manchmal aus Furcht vor niedrigeren Auflagen gezwungen, die politische Meinung ihrer Beiträge den Erwartungen der Leser anzupassen. Alarmismus hier und Leugnung da - Hauptsache eine starke Meinung. Das verkauft sich besser als milde, rationale Konzepte und die Journalisten müssen diese Nachfrage bedienen, um keine Leser zu verlieren. Diese Aspekte führen letztendlich dazu, dass klimapolitisch wichtige Beiträge in den Medien und besonders im Internet zwischen „Fake News“ und „Hate Speech“ untergehen. Wie können Leser dies nun voneinander trennen?
Rhetorik in der Klimadebatte
Um stichhaltige Fakten aus Beiträgen rund um die Klima-Debatte zu filtern, ist es sehr wichtig, auf die Rhetorik der Autoren zu achten. Stil- und Überzeugungsmittel verändern häufig die gesamte Wirkung und Überzeugungskraft eines Textes, auch wenn sein Inhalt gleich ist. Generell kennzeichnen eine gute Ausdrucksweise und Rhetorik einen vertrauenswürdigen, gebildeten Autoren, doch es gibt auch unzulässige Überzeugungsmittel, welche einen naiven Leser manipulieren könnten. Argumente müssen rational und plausibel sein, um überzeugen zu können und genau danach sollte man sie analysieren.
Ein Angriff auf eine Person („ad hominem/tu quoque“) anstatt auf die Thematik, um diese zu entkräften, ist Zeichen für eine nicht überzeugend aufgebaute Argumentation. Auch durch den naheliegenden Bezug zu vermeintlich sicheren Fakten, die in bestimmten Kontexten allerdings nicht plausibel sind, sogenannte logische Fehlschlüsse („ad lapidem“), sollte man sich nicht täuschen lassen. Eine Argumentation, die darauf abzielt, Mitgefühl bei den Lesern zu erwecken („ad misericordiam“), ist ebenfalls kritisch zu hinterfragen, allerdings nicht mit einer Argumentation auf Werteebene zu verwechseln.
Klimaretten in Oldenburg?
Ist das Klimaretten in Oldenburg mit diesen Einschränkungen überhaupt möglich? Tatsächlich ist die Klimadebatte kein einfaches Thema, sondern erfordert eine zielstrebige Herangehensweise. Sowohl die verschiedenen Interessen der Gesellschaftsgruppen als auch die von der Digitalisierung beeinflussten Medien erschweren den Umgang mit dem Thema erheblich. Doch sie bringen durchaus Vorteile mit sich: Die verschiedenen Interessen in Bezug auf die Klimadebatte ermöglichen einen Perspektivwechsel und ein vervollständigtes Bild mit besseren Chancen auf differenzierte Lösungsansätze für jeden, der bereit ist, sich andere Standpunkte anzuhören, solange alle sich einig sind, dass das oberste Ziel ist, das Klima zu retten.
Das Internet bietet den Raum für eben einen solchen Austausch, eine wirklich argumentative Debatte innerhalb der Klimadebatte. Es ist hierbei an jedem einzelnen von uns, gegebenenfalls die manipulative Rhetorik eloquenter Autoren oder Sprecher zu durchschauen. Eine Argumentation auf Rationalität und Plausibilität untersuchen zu können, ist ein wichtiges Mittel zum Verständnis der Klimadebatte, denn so kann auch ohne Fachwissen schnell die Qualität der Argumente aufgezeigt werden.
Wer mit der Fähigkeit eine solche Analyse zu vollziehen, offen und kritisch an die Klimadebatte herantritt, kann mit vielen anderen das Klimaretten in Oldenburg ermöglichen.
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