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Streit ums Bürgergeld - lohnt sich das Arbeiten überhaupt noch?

Von Julius Feldmann/ Redaktion - Heute findet die Abstimmung im Bundesrat zum Bürgergeld statt. Die Union hatte das Ampel-Projekt vorher gestoppt. Doch worum streiten sich die Parteien? Eine kurze Einführung samt Lesetipps.


Am 14.11.2022 hat der Bundesrat das von den Regierungsparteien geplante Bürgergeld abgelehnt. Es sollte als Nachfolger und für die SPD als Abschluss des seinerzeit von Bundeskanzler Schröder initiierten Hartz IV dienen. Dem voran ging eine hitzige und emotionale Debatte in der Fakten in den Hintergrund gerückt sind. Die Standpunkte sind unterschiedlich - Weltbilder und Rechenbeispiele treffen aufeinander.


Das Bürgergeld – ein Faktencheck:

Aktuell beziehen rund 3,7 Millionen Menschen das Arbeitslosengeld II, besser bekannt als Hartz IV, welches am ersten Januar 2023 vom Bürgergeld abgelöst werden soll. Dieses soll eine Erhöhung der Regelsätze um 11,6% bis 11,9% beinhalten. Eine Erhöhung, die angesichts der Inflationsrate von 10,4% angemessen scheint.

Dem paritätischen Wohlfahrtsverband reichen die geplanten Erhöhungen nicht und es wird eine Erhöhung des Regelsatzes von aktuell 449€ auf 725€ gefordert.

Zusätzlich zu den Anpassungen der Regelsätze plante die Ampelkoalition eine Milderung der Sanktionen gegen Personen, die beispielsweise Termine in Jobcentern verpassen. Hierzu wurde vorgesehen, eine Vertrauenszeit von sechs Monaten einzuführen, in denen höchstens 10% der Leistungen gekürzt werden können. Nach dieser Vertrauenszeit können „Pflichtverletzungen“ eines Bürgergeldbeziehenden, zu denen auch ein Nichtannehmen von zumutbaren Jobs gehört, beim ersten Mal mit 20% und beim zweiten Mal mit 30% gekürzten Leistungen sanktioniert werden. Die Leistungen zur Finanzierung der Unterkunft sollen hierbei unangetastet bleiben. Ebenso sollte es ein deutlich größeres Schonvermögen geben, d.h. Personen, die z.B. bis zu 60.000 Euro an Vermögen haben, bekommen dies nicht auf ihr Bürgergeld angerechnet, sondern selbiges in voller Höhe.


Diese und weitere Punkte des neuen Gesetzes stießen im Bundesrat auf Widerstand der unionsgeführten oder unionsmitregierten Bundesländer. Diese argumentieren, der Anreiz zu arbeiten ginge verloren und Arbeit würde sich weniger mehr lohnen.


Aus rein finanzieller Sicht lohnt sich das Arbeiten immer noch mehr als der Bezug von Bürgergeld, sofern der Arbeitnehmer auch zusätzliche Leistungen, wie Wohngeld oder Kinderzuschläge in Anspruch nimmt. Zuvor hatte kursierten falsche Berechnungen zum Bürgergeld im Internet, die allerdings rasch korrigiert wurden.


Hier ein weitergehender Faktencheck:


Kritiker wenden allerdings ein, dass das Bürgergeld zu pauschal ausgeschüttet würde und falsche Anreize in Zeiten des Fachkräftemangels setze: So könnten viele Arbeitnehmernnen* dazu verleitet werden, ihre Arbeitszeiten zu verkürzen, Arbeitslose erhielten weniger Motivation, überhaupt morgens aufzustehen und ältere Arbeitsnehmer*innen könnten das Bürgergeld als Brücke in die Frührente nutzen. Außerdem kämen auch Menschen in den Genuss dieser sozialstaatlichen Leistung, die eigentlich über genügend Vermögen verfügten - wodurch die Sozialkassen unnötig belastet sowie Wirtschaft hart arbeitende Mittelschicht geschwächt würde.


Lies dazu hier die ZEIT-Reportage: "Was wir tun, lohnt sich kaum noch"


Befürworter entgegnen: Die Gegner des Bürgergeldes sollten Geringverdiener und Arbeitslose nicht gegeneinander ausspiele. Außerdem sei es ein Ziel des Bürgergeldes, Menschen nicht nur in die Arbeitswelt zurückzuholen, sondern diese auch dazu zu animieren, Abschlüsse und Ausbildungen zu vollenden, anstatt in Aushilfsjobs zu arbeiten. Es soll ermöglicht werden, dass Bürgergeldempfänger eine Ausbildung machen, ohne dass ihnen zu viel Geld wieder abgezogen wird, weil sie staatliche Unterstützung erhalten. Dies soll dem Fachkräftemangel entgegenwirken.


Um eine Ablehnung des Gesetzes im Bundesrat durch die Union zu verhindern, hat die Ampelkoalition Jobcentern mehr Möglichkeiten zur Kontrolle von Vermögen und der Sanktionierung von Leistungsbeziehenden einräumen wollen. Auch sollen Jobcenter über eine Kürzung der Heizkosten entscheiden können. Auch Kosten für Umzüge sollten genehmigt werden müssen. Ein Versuch der erfolglos blieb: Der Gesetzentwurf wurde im Bundesrat abgelehnt. Es blieb die Kritik an den Schonfristen sowie die Sorge, Arbeit würde sich immer weniger lohnen und der Antrieb zu arbeiten ginge verloren.


Die Bundesregierung rief den sogenannten Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat an, welcher nun einen Kompromiss in Aussicht gestellt hat.




Dieser beinhaltet, dass das maximale Vermögen, mit dem noch das Bürgergeld bezogen werden kann - das sogenannte „Schonvermögen“ - von 60.000€ auf 40.000€ gesenkt werden soll. Die geplante Vertrauenszeit soll aufgeweicht und das Mitwriken des Sozialleistungsbezieher eingefordert werden können. Es sollen somit vom ersten Tag des Bezugs an Sanktionen bei Pflichtverstößen möglich sein.


Die Union ist der Ansicht, dass durch die Veränderungen im Entwurf das Prinzip „Fordern und Fördern“ erhalten bleibt und stellt auf der Basis des Kompromisses eine Zustimmung im Bundesrat in Aussicht.


Dieser stimmt am 25. November dann erneut über den Antrag ab.


Hier lernt ihr beide Standpunkte nochmal genauer kennen:


Wie steht ihr zum Bürgergeld - soziale Hängematte auf Kosten der hart Arbeitenden oder gerechte Teilhabe für alle? Schreibt's in die Kommentar!



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