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Das E-Auto - eine (Schein-)Lösung?

Von Viviana von der Kaus - Das E-Auto wird als die Lösung der Mobilitätswende angepriesen. Doch bei genauerem Hinsehen erkennt man: So einfach ist das nicht. Muss ich also weiter vor der Bushaltestelle frieren?


Jetzt stehe ich hier schon wieder - 10 Minuten wartend, na ganz toll. Klar denkt man direkt „Was sind schon 10 Minuten?“, aber wenn man bedenkt, dass ich bei Minus drei Grad Celsius ohne Mütze, Handschuhe oder Schal im eisigen Wind stehe, kommt einem das doch schon wie eine Ewigkeit vor. „Was macht die denn da?“, fragt man sich. „Soll die halt reingehen!“. Geht schlecht, denn ich warte hier auf meinen Zug. Mein Schulweg besteht jeden Morgen aus einer Viertelstunde Zugfahrt, vorher laufe ich nochmal so lange zum Bahnhof und dann fahre ich noch – je nach Verkehrslage – 5 bis 10 Minuten mit dem Fahrrad.


Sehr klimafreundlich könnte man meinen. Dabei wäre es so viel bequemer mich jetzt einfach mit dem Auto bringen zu lassen. Nicht beim Umziehen die ganze Zeit den Stress zu haben, den Zug nicht verpassen zu dürfen, direkt vor der Schule abgesetzt werden und dann nicht doch noch 10 Minuten am Gleis warten müssen. Aber wie jedes mal eile ich gestresst aus dem Haus, um dann doch in der Kälte zu erfrieren, na super. Vielleicht sollte ich meine Eltern zwingen, sich ein E-Auto anzuschaffen. Dann hätte ich wenigstens der Umwelt gegenüber kein schlechtes Gewissen, wenn ich zur Schule gefahren werde, oder? Und: Bald kann ich eh selbst fahren! Die Theorie habe ich schon absolviert, bald folgen die Fahrstunden.


Ist ein E-Auto also die Lösung? Nicht nur für mich, sondern auch für die Rettung des Klimas? Man könnte meinen, sie sind das Beste, was der Menschheit je passiert ist, da sie keinen aktiven CO2-Ausstoß haben. Ist das so? Was ist denn mit passiven Ausstoß? Woher weiß ich bitte, wie der Strom erzeugt wurde, mit dem ich mein Auto lade? Bei diesem Gedanken kommt mir ein Meme in den Sinn. In dem kurzen Clip sieht man ein E-Auto an der Ladestation, dann verfolgt die Kamera das Stromkabel bis zu seinem Ursprung und landet bei einem Öltank. Na klasse. Es bringt rein gar nichts ein E-Auto zu fahren, wenn der Strom aus fossilen Brennstoffen erzeugt wurde - und das wird er heute selbst im Energiewendeland Deutschland dauernd! Bei der Verbrennung für die Stromerzeugung entsteht CO2 und das geht als Treibhausgas in die Atmosphäre. Die Benzinpreise steigen, um mehr Menschen dazu zu bewegen, auf E-Autos umzusteigen. Wer jedoch ein E-Auto mit aus fossilen Brennstoffen produzierten Strom tankt, kann zumindest Geld für den Weltuntergang sparen. Außerdem kann man sich darauf konzentrieren, dass es attraktiv ist, ein E-Auto zu fahren. Zwar erzeugt es in diesem Fall genauso viel passive Emissionen, aber hey, immerhin ist das gut fürs Gewissen.


Wie zu Großmutti aufs Land fahren, wenn einem am Arsch der Welt der Strom ausgeht?

Aber jetzt Hand aufs Herz: Dieses „Grüne Paradoxon“ beschreibt also, wie man es nicht machen sollte. Jeder kennt das: E-Autos sind so schön leise, dies, das. Um meinen Fahrlehrer zu zitieren: „Wenn ihr den überhört, landet ihr – wie ein Kumpel von mir – schnell mal bewusstlos auf dem Autodach.“ So weit, so dramatisch. Aber wer hätte gedacht, dass das achte Weltwunder der Technik noch mehr Nachteile hat? Welche, die gerne totgeschwiegen werden, um den Leuten wenigstens das Gefühl zu geben, man hätte einen Lösungsansatz für das Klimaproblem. Tatsächlich aber hat man nicht einmal eine Ahnung, womit man es zu tun hat. Zerstören kann man ja, aber es wäre ja anstrengend etwas zu tun, um das ganze wieder gut zu machen, weshalb die halbe Menschheit das Klimaproblem erst mal grundsätzlich leugnet. Autsch. Oder nach meinem Fahrlehrer: „Das ist bitter“.


Das ach so tolle E-Auto stellt nicht nur eine Gefahr für den Straßenverkehr dar, sondern hat auch eine recht geringe Reichweite. Wie also zu Großmutti aufs Land fahren, wenn einem irgendwo am Arsch der Welt der Strom ausgeht? Und das Laden dauert doch auch ewig, im stressigen Alltagsleben kann man nun mal nicht eben warten, bis das Autochen sich entschieden hat, mal 3 Jahre später voll geladen zu sein. Wobei man sich zu diesem Punkt noch fragen kann, ob man dann Hausstrom verwenden muss, wodurch man womöglich noch das eigene Stromnetz überlastet. Nach meinem Fahrlehrer: „Das schockt nicht“. Im wahrsten Sinne des Wortes. Und von den Batterien ganz zu schweigen. Aus Lithium sind sie, auch ein endlicher Rohstoff. Und sie halten grade mal um die 1000 Ladezyklen durch, bevor man sie teuer austauschen muss. Und was passiert mit den Überresten? Sollen dann in der Umwelt verrotten oder wie? Das alles ist doch nichts Halbes und nichts Ganzes. Alternativen müssen her, aber die deutsche Gesellschaft fokussiert sich, naiv wie sie ist, nur auf diese eine Lösung. Dass es andere Mittel und Wege gibt, ist grundsätzlich egal, sich darüber den hübschen Kopf zu zerbrechen, würde ja überfordern. Was ist beispielsweise mit Wasserstoff als Antrieb? Gut, das hat jetzt mindestens genauso viele Nachteile wie ein E-Auto, sollte aber für die optimale Lösung wenigstens erwähnt und bedacht werden, oder nicht?


In meinen Gedanken versunken, bemerke ich gar nicht, dass der Zug schon eingefahren ist. Schnell steige ich vom Gleis in den Zug, die Kälte ist komplett vergessen. „Was ist eigentlich mit dem Zug als Autoersatz?“, frage ich mich. Wenn schon keine E-Autos, warum dann nicht das Zugnetzwerk stärker ausbauen? Tja, auch der Zug ist mit Strom betrieben. Aber im Vergleich zum Auto können so viele Menschen auf einmal transportiert werden. Klar wird mehr Strom benötigt, aber es rechnet sich besser, da pro Person der Verbrauch und damit auch die Emissionen geringer sind. Also ein Schritt in die richtige Richtung, das Klima zu schützen. Genau das ist auch der Vorteil von Bussen, die fahren ja größtenteils noch mit Benzin, aber da mehrere Personen befördert werden, sind die Emissionswerte vergleichsweise niedriger. Diese Beispiele zeigen einem, dass es um die Energiebilanz geht. Man muss sich fragen, wie effizient die Energie genutzt wird, um die Energiewende „ins Rollen“ zu bringen. Das ist der springende Punkt.


Als weiteres Beispiel gibt es da ja noch die E-Bikes, vervollständige ich meine Gedanken, während ich verzweifelt einen Sitzplatz in Fahrtrichtung suche, damit mir auf der Fahrt nicht schlecht wird. Das kann ich in der Schule nämlich echt nicht gebrauchen. Bei E-Bikes ist das nichts anderes: Man lädt den Akku mit Strom und ist angeblich so wunderbar umweltfreundlich. Warum gibt man sich da nicht einfach ein bisschen Mühe und fährt ein normales Fahrrad? Dafür ist die deutsche Gesellschaft zu faul. Klar, könnte ja anstrengend werden. Aber dann krankhaft alle hirnlosen Diätprogramme aus den sozialen Medien nachahmen. Da fragt man sich auch, warum einfach, wenn man es auch schwer haben kann? Fahrradfahren hält fit und gleichzeitig stößt man kein CO2 aus. Außerdem gibt es einige Schleichwege, man braucht sich nicht mal durch den stressigen Stadtverkehr zu quetschen. Aber da gewichtet die normalsterbliche Couchpotatoe die eigene Bequemlichkeit natürlich stärker als alle anderen Vorteile von Fahrrädern. Gut, E-Bikes sind nur halb so schlecht, wie ich sie jetzt dargestelle. Im Vergleich zu E-Autos verbrauchen sie viel weniger Strom, haben tatsächlich eine gute Reichweite und über Vorteile gegenüber Diesel oder Benzinern muss man gar nicht erst reden. Deren Emissionen sprengen eh alle Grenzen, wer denkt da überhaupt noch ans Fliegen? Das ist außerhalb jeder Vorstellungskraft eine Klimaschande.


Wer weiß schon, wie alte Leute ticken?

Ich denke daran, wie ich nach der Schule in den Stall zu meinem Pferd fahre. Ein E-Bike wäre für den 10 Kilometer langen Weg schon nicht schlecht. Dann käme man immerhin an, ohne schon Sport getrieben zu haben, bevor man überhaupt aufs Pferd gestiegen ist. Und grade für ältere Menschen ist ein E-Bike ideal, um mobil zu bleiben und dabei aufs Auto verzichten zu können. Obwohl denen der Klimawandel ja eh gleichgültig ist, so nach dem Motto „Wir sind ja eh bald tot“. Wenn die wüssten, dass der Klimawandel in den nächsten Jahren aufgehalten werden muss, damit es noch nicht zu spät ist und es auch ihre Nachfahren betrifft. Na ja, wer versteht schon, wie alte Leute ticken?


Inzwischen habe ich meine Sitzplatzsuche aufgegeben, ich stehe neben der Tür und halte mich am Geländer fest, jetzt darf ich wieder die ganze Fahrt im Zug hin und her stolpern, na ja, ist wohl meine Schuld, dass ich null Balance habe. Also schweifen meine Gedanken wieder ab. Mir ist aufgefallen, dass das eigentliche Problem die nachhaltige Stromerzeugung ist. Wenn die benötigte Energie für sämtliche Antriebe aus Ökostrom gewonnen würde, wäre ja eigentlich alles gut, oder? Aber wer garantiert einem das? Reden tun die Leute viel, wenn der Tag lang ist. Aber allein, dass es die Möglichkeit gibt, zeigt uns doch, dass die Situation nicht ganz so ausweglos ist, wie sie vielleicht erscheint. Wichtig ist, dass gehandelt wird.


Es hängt alles miteinander zusammen, eine riesige Vernetzung im Prinzip

Nachhaltiger Strom muss genutzt werden, und zwar produziert aus erneuerbaren Energiequellen wie Wind-, Wasser- oder Solarkraft. Von E-Autos landen wir also bei Energiequellen. Was zeigt uns das? Eben, es hängt alles miteinander zusammen, eine riesige Vernetzung im Prinzip. Wir müssen jetzt handeln, erneuerbare Energien fördern und nutzen, damit wir ein wirklich gutes Gewissen dem Klima gegenüber haben dürfen, wenn wir mal wieder von A nach B kommen müssen. Nachhaltige Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, die Erhaltung von Ressourcen und eine gute Energiebilanz, also weniger Verbrauch pro Kopf, sind entscheidende Faktoren, um den Klimawandel zu stoppen, also das Problem unserer Zeit zu lösen. Wichtig ist dabei, nicht auf alles zu vertrauen, was irgend so ein dahergelaufener Schnöselpolitiker, der meint die Weisheit mit Löffeln gegessen zu haben, behauptet, sondern sich zu informieren und alles zu hinterfragen. Würde die verblödete Menschheit das öfter tun, wäre die Kritik an E-Autos schon viel früher ans Licht gekommen. Naivität ist keine Lösung des Klimaproblems, sondern intensive Befassung mit dem Thema und das Setzen auf erneuerbare Energien und Ökostrom.


Beim Aussteigen bedanke ich mich beim Zug, dass ich durch ihn ein Stück klimafreundlicher zur Schule gekommen bin als wenn ich von meinen Eltern gebracht worden wäre. „Bis nachher, Zug!“ Dass die Frau neben mir mich schräg anguckt, ist mir herrlich egal. Ich freu mich schon auf die Rückfahrt. Auch wenn wieder ohne Sitzplatz.

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